Donnerstag, 26.09.02 – Tag 6 – nur rumgelaufen J

Nach dem Frühstück und dem ausgiebigen bejammern unserer schmerzenden Knochen ging es dann via Taxi in die Medina. Die Taxen sind immer noch super billig. Ich habe nie mehr als 15 MDH bezahlt. Dafür startet in Deutschland bei einem Taxi nicht mal der Motor.

Nachdem wir den jungen Hobby-Guides mit Desinteresse bzw. einem Hinweiß auf die Polizei klar gemacht hatten, dass wir alleine sein wollten, hatten wir auch jede Menge Ruhe, uns durch die Souks treiben zu lassen. Nach gut zwei Stunden bekamen wir dann Hunger und sind in das Restaurant „La Medina“ (Därr: „Palais Medina“) eingekehrt. Das liegt irgendwo im Gewirr der vielen unüberschaubaren Gassen. Wir hatten einfach Glück, es zufällig zu finden. Das Restaurant dürfte früher mal ein Stadthaus gewesen sein. Ein so schönes Gebäude erwartet man nicht hinter der faden Fassade. Es ist alles sehr liebevoll eingerichtet und sehr sauber. Die Mitarbeiter sprechen zum Teil deutsch und sind sehr freundlich und hilfsbereit. Die Küche ist absolute Spitze. Hier kann man sich einfach verwöhnen lassen. Die Preise sind für das Niveau ok. Ein drei Gänge Menü kostet zwischen 120 und 200 MDH. Die Qualität und das Umfeld rechtfertigen den Preis.


Im Vorfeld hatten wir uns schon entschlossen, uns das berühmte Gerberviertel anzusehen. Das einzige, wo wir immer wieder hingeschickt wurden, war eine enge Gasse, in der in Fässern und Schüsseln Jeans etc gefärbt wurden. Bei der Suche haben wir allerdings zwei Dinge gelernt: 1. willst du von einem Marokkaner eine vernünftige Antwort haben, wo etwas zu finden ist, dann schau, ob du eine Marokkanerin findest, die nach einem Studenten aussieht (also nix verschleiert und nix weggucken, wenn Man guckt J) und frage sie. Einen Mann nach dem Weg zu fragen, auch wenn es für mich hart klingt, ist sinnlos.....


Willst du einen bestimmten Ort finden, kauf dir eine Postkarte, auf der ein Bild von diesem Ort ist, such dir einen jungen Boy (es stehen immer Massen davon um einen herum), wedle mit 5 oder 10 MDH vor seiner Nase und mach ihm klar, dass er das Geld nur bekommt, wenn er dich schnell zu diesem Ort führt. In unserem Fall ging ein interessanter Marsch durch die tollsten Gassen der Souks los. Es war mit Sicherheit wirklich der kürzeste Weg und nur für Einheimische bekannt. Gelandet sind wir auf der Dachterrasse eines – natürlich: Händlers. Aber man kann das Gerberviertel, bzw. den berühmten Teil auch nur von oben gut einsehen. Von unten macht das wohl kaum Sinn. Der Anblick war unbeschreiblich. Nach einer sehr interessanten Unterweisung, wie und warum da was passiert, lud uns unser „neuer Gastgeber“ natürlich in seinen Laden zum Einkaufen ein. Das Programm begann mit Sitzkissen aus Leder, über Schuhe aus Leder und endete bei mir in einer Wildlederhose. Aber zum Glück steckte in mir noch so viel von dem guten Essen aus dem Restaurant, dass selbst die größte Größe nicht passte. Dem Koch des „La Medina“ hiefür noch mal meinen besten Dank J. Astrid landete dann bei ein Paar Babuschen (Latschen) für 150 MDH. Aber unsere „Strafe“ fürs Gerberviertelansehen war noch nicht beendet. Jetzt ging es in den Keller zur Teppich Show.


Unser Gastgeber lief zur Höchstform auf. Nach dem obligatorischen Pfefferminztee und dem Hinweiß, dass dieser „no business“ sei, wedelte er uns dann Unmengen von Teppichen vor unsere Füße. Dann kam das Selektionsspiel. Hierbei wird versucht herauszufinden, welchen Teppich man am liebsten hätte. Dann geht es zum Preiskampf. Meinen armen Gastgeber brachte es regelrecht durcheinander, als ich ihm sagte, ich fände die Qualität und seinen genannten Preis absolut ok. Daraufhin musste er sich erst mal eine Zigarette anstecken (in einem Keller voller Wollteppiche...). Als ich ihm dann auch noch klar machte, dass wir mit Motorrädern unterwegs zum Erg seien und dabei sein schöner Teppich kaputt gehen könnte (also nicht nur das Platzproblem) sank sein Widerstand. Als wir dann so langsam aufstanden, ich ihm dann auch noch frech sagte, dass seine großen Wandteppiche sehr schön sind (anstelle fix nach unhöflicher Tourimanier zu flüchten) und sein genannter Preis sehr fair ist, brach in ihm jeder Widerstand, uns mit lieben Wünschen ziehen zu lassen. Er gab uns dann auch noch anständig seine Visitenkarte. Die Adresse steht neben den Bildern vom Gerberviertel. Denn nur bei ihm bzw. seinem Nachbarn hat man so eine schöne Aussicht. Teppich business ist eben Hardcore business J.

Ach ja, da fällt mir noch etwas zum Thema Preise ein. Es gibt in Fes einen Laden, wo man das ganze Kunstgewerbszeug zu Festpreisen bekommt. Der Laden ist in der Avenue Allal Ben Abdellah. Man findet ihn ganz einfach: Boulevard Hassan II hinauf bis zur Kreuzung, an der das Sheraton Hotel ist (nicht zu übersehen), geradeaus über die Kreuzung und nach der 2. Querstraße links kommt ein weißes, flaches Gebäude mit weiß-blauen Mosaik und einem Eingangsportal, was eher nach einem „offiziellen“ Gebäude aussieht. Da einfach mal reinschauen, Preise notieren oder eben auch kaufen. Ein Besuch dort lohnt sich immer. Den Tip habe ich aus Erika Därr´s Marokkobuch (ist eh Pflichtlektüre in Marokko – bzw. man sollte es immer bei sich tragen, auch wenn´s inzwischen sehr dick geworden ist).

Der Tag klang dann mit Kaffee und einem Besuch in einem auch nicht mehr so guten Pizzaladen aus. Was mir allerdings aufgefallen ist, es laufen in Fes überall Leute – sogar Schulklassen – umher, schreien irgendwelche Sprüche umher und verteilen eine Art Parteienwerbezettel. Auch in den Zeitungen stehen ganze Seiten mit Wahlkandidaten voll. Es sind auch sehr viele Frauen darunter. Die Parteien werden immer mit einem passenden Symbol versehen. So hat die eine eine Justitia-Waage, eine andere eine Öllampe, die nächste den aufgeschlagenen Koran und wieder eine andere das Handsymbol von Fatima. Auch in den Souks stehen Frauen zusammen und diskutieren wild mit allerlei solcher Politzettel in der Hand herum. Es scheint irgendwie neue Wahlen zu geben und viele neue Parteien. Mal sehen, was daraus wird. Hoffentlich werden die Fundamentalisten nicht wieder böse.... Auch ist mir aufgefallen, dass die Autos immer größer und teurer werden, dass immer öfter Frauen (ohne Mann, Bruder etc) in Cafes sitzen und auch deren Kleidung immer westlicher wird (kurze Jeans, langgeschlitzte Röcke oder sehr tief ausgeschnittene T-Shirts). Es scheint sich was zu tun in Marokko – oder sagen wir lieber mal in der „geistigen Hochburg“ Fes. Im restlichen Land ist da sicher noch vieles anders. Aber Marokko wacht auf und hat einen neunen Nationalstolz entdeckt, wo für den Schleier wohl etwas weniger Platz ist. Man darf also gespannt sein – oder ist mein Blick bei meiner dritten Marokkoreise nur etwas klarer und nüchterner geworden?

Wie auch immer, ab ins Hotel, schlafen und morgen früh weiter in Richtung Erg Chebbi.




      

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Viele Bilder aus Fes

Fes el Ball - der beeindruckendste Teil von Fes

Wahlwerbung - die Stadt war voll davon

ein Wasserverkäufer

Bilder aus dem sehr zu empfehlenden Restaurant „La Medina“. Mit einem Guide findet man es schnell :-)

Was gibt es in Fes berühmteres, als das Gerberviertel... Leider kommt man nur über zwei Läden zu so einem Ausblick. Danach gibt es eine Verkaufsshow :-(


In den einzelnen Bottichen werden Stoffe und Felle gefärbt. Angeblich werden nur natürliche Farbstoffe eingesetzt. Den Job hält man allerdings nicht ohne Gesundheitsschäden lange aus.

Die Weihnachtsfrau von Fes :-)