Mittwoch, 25.09.02 – Tag 5 – 437 Km
(eine nächtliche Verfolgungsjagd mit Drogenhändlern durch das Riff Gebirge)

Um 9.00 Uhr Ortszeit (MEZ – 2h) kam die Fähre pünktlich wie ein Uhrwerk in Tanger an. Wir fanden unsere Motorräder gut verzurrt und ohne Schäden im Bauch der Fähre wieder. Die Abfertigung im Hafen ging für marokkanische Verhältnisse extrem schnell. Nach 5 Minuten hatte der entsprechende Zollofficer unsere Fahrzeugeinreisepapiere in der Hand und nach max. 10 Minuten hatten wir alles, was wir brauchen und haben somit in gut einer viertel Stunde den Hafen verlassen können. Das ist wohl Rekordzeit!

Nach der kurzen Suche nach einer Bank sind wir dann weiter in Richtung Tetouan gefahren und dann weiter die Küstenstraße entlang. Nach einigen kleinen Stränden, an denen wir vorbeikamen, hatten wir dann Lust, zu baden. Also im nächsten Ort links ab zum Strand und rein ins Wasser – es war super. Dann wieder auf den Bock – und den größten Fehler machen, den man mit einer voll bepackten Twin machen kann. Anstatt erst mal am Strand entlang zu fahren und Geschwindigkeit zu bekommen, wollte ich direkt durch den weichen und feuchten Sand zur Straße fahren. Das Ganze wurde eine Lehrvorführung zum Thema: „wie schnell kann man eine Twin eingraben“ - es geht sehr schnell! Also Koffer und Taschen ab, Maschine zur Seite gelegt und aus dem Loch gezogen. Dann mit wenig Gas und nebenherlaufen langsam auf festen Untergrund rollen. Danach hätte ich wieder baden gehen können. Aber was soll´s. Gepäck wieder aufladen und weiter Richtung Osten.

Die Küstenstraße ist recht hübsch. Sie besteht allerdings fast nur aus Serpentinen. Mit meinen Deserts musste ich da schon aufpassen. So ab Bou-Ahmed wird der Asphalt schlechter. Teilweise ist auch ein Teil der Straße nur halb befahrbar, weil mal wieder etwas vom Berg abgerutscht ist. Das ist aber nicht so dramatisch. Die großen LKW kommen da ja auch durch und die kleinen Renaults auch. In El-Jebha haben wir die richtige Abfahrt nach Süden nicht gefunden und sind am Ende des Dorfes am Hafen gelandet. Das Dorf ist eine Sackgasse. Also zurück und einen Abzweig zu weit durch das Riff Gebirge gen Süden auf die P39. Diese Piste führt durch eine schön bewaldete Landschaft. Die Straße ist recht kaputt und es gibt jede Menge Baustellen, bei denen man über reinen Schotter fahren muß. Das ist mit unserer Bereifung auch kein Problem – nur es wurde so langsam dunkel.


Auch das ist ja eigentlich kein Problem, aber wir hatten den Bericht über die Haschisch Dealer im Rif aus Erika Därr´s Marokkohandbuch irgendwie gut im Gedächtnis. Aber wie man so als „schlauer“ Deutscher halt so denkt: alles Panikmache. Außerdem hat Erika Därr ja immer geschrieben, dass Sie das alles nur aus Erzählungen her weiß und sie sich da nicht verbürgen kann. An alle, die durch das Rif Gebirge wollen, meine eigene Erfahrung: LASST ES SEIN! Der benannte Bericht ist netter geschrieben als die Realität. Hier aber nun unsere Rif-Erlebnistour:

Auf der Piste von der Küste zur P39 winkten uns immer junge Männer zu, wir sollten Anhalten und machten eindeutige Zeichen, was wir kaufen sollten (sie gestikulierten immer so, als rauchten sie eine Zigarette...). Unbekümmert fuhren wir aber weiter. Die Rufe wurden nach einigen km immer lauter und die Typen stellten sich mitten auf die Straße – teils auch Kinder. Zum Glück sieht eine voll beladene Twin, die auch noch beschleunigt, nicht gerade vertrauenserweckend aus, und die Typen sprangen zur Seite. Astrid fuhr nur noch dicht hinter mir.... Als wir die P39 erreicht hatten bogen wir nach links in Richtung Ketama ab, der Hauptstadt des Rif Drogenhandels. In Ketama ging es erst mal an die Tankstelle, um auf der weiteren Strecke nicht tanken zu müssen. Zum Glück stand neben der Tanke Polizei auf der Kreuzung. Trotzdem standen gleich fünf „Strolche“ um uns herum und boten uns frech Hasch an. Ich hoffe nur, dass uns keiner etwas ins Gepäck steckt und wir bei der nächsten Kontrolle in den Knast wandern. Aber wir beobachteten unsere Bikes sehr genau. Dann ging es weiter in Richtung Fes. Ich dachte eigentlich, dass die S302 eine große und breite Straße ist. Sie ist ja so in der Michelin Karte eingezeichnet. Aber nix da. Schmal und in einer dicht bewaldeten Landschaft. Absolut geeignet, um einen Touri mit Gewalt zu stoppen.
Die Dealer stehen rechts und links mit ihren Autos am Straßenrand. Meist sitzen drei junge Männer in so einem Gefährt, immer wartend, wann ein Touri kommt. Ich wartete schon darauf, wann endlich einer versuchen würde, uns zu schnappen. Es sollte nicht lange dauern. Nachdem unzählige Typen versucht hatten, uns durch einfaches auf-die-Straße-stellen zu stoppen, düste dann ein kleiner PKW mit einer für diese Straßenverhältnisse geisteskranken Geschwindigkeit an uns vorbei. Die Typen schrieen aus dem Auto die üblichen Sachen: „alleman“, „Haschisch“, „Stop“ etc. Wir fuhren unbeirrt weiter, allerdings mit einem „erhöhten Herzschlag“. Die Typen ließen sich aber nicht abwimmeln, fuhren immer wieder rechts heran und wollten aussteigen – nur da wir ja auch nicht langsam waren, zogen wir immer wieder vorbei, bzw. drängelten sich zwischen uns. Ich habe jedes Mal, wenn die Typen angehalten haben, runter geschaltet und voll Stoff gegeben. Das hat offensichtlich geholfen. Es hat jedenfalls keiner versucht, in meiner Spur mal stehen zu bleiben. Das wäre auch mit Sicherheit dumm ausgegangen – für beide Seiten!. Zum Glück waren unsere Tanks voll und nach einer Ewigkeit (Es waren sicher nur 20Km) war die Jagt zu Ende. Auch in den Dörfern wurde immer wieder versucht, ein Auto quer zur Fahrbahn zu stellen. Aber wir hatten offensichtlich drei Grundregeln instinktiv berücksichtigt: auf gar keinen Fall anhalten, wenn jemand im Weg steht immer voll draufhalten und das wichtigste: einen vollen Tank.


Es ist sicherlich am Tag schon bescheuert durch das Rif Gebirge zu fahren. Nach Einbruch der Dunkelheit ist es ein Glücksspiel mit dem eigenen Leben. Erstens kann es bei so einer Rallye auch mal dumm ausgehen, es kann doch mal ein Idiot auf der Straße stehen bleiben und wenn man doch anhält und um des lieben Friedens Willen ein Päckchen Hasch kauft, kann das bei der nächsten Kontrolle gute 3 Jahre marokkanischen Knast bedeuten. Und der hat vermutlich weder Farbfernsehen noch die Rechte für Inhaftierte, wie sie in Deutschland bestehen.

Also mein dringender Rat an alle, die so etwas nicht erleben wollen. Meidet die Strecken zwischen Tetouan – Chefchaouen – Ketama und Targuist. Das heißt dann auch, die Küstenstraße meiden, da es von dieser ja nur ins Rif geht. Das Risiko ist zu hoch! Die drei Polizeikontrollen, welche wir hatten, waren sehr freundlich und es fragte niemand nach Hasch. Für uns ein eindeutiges Zeichen, dass die Polizisten von unserer Hardcoretour wussten. Andere Fahrzeuge wurden da regelrecht zerlegt. Zum Glück waren die aber wenigstens nicht korrupt und haben uns etwas untergeschoben. Die nachgesagten Verbindungen zwischen Dealern und der Polizei halte ich nach meinen Erfahrungen zumindest bei einigen Polizisten für sehr realistisch.

Danach wurden die Belästigungen etwas weniger. An einer Tankstelle, an welcher wir jedoch mit Speed vorbei gedüst sind, standen so ca 30-50 Autos mit jeder Menge Typen dabei. Alles Drogenhändler? Zum Glück startete keiner zu einer neuen Rallye mit uns.

Bei einem späteren Stop (man braucht ja irgend wann auch eine Pause) an einem kleinen Straßencafe lernten wir einen netten Marokkaner mit seinem kleinen Sohn kennen, der uns einen Cafe au lait ausgab. Mein Bild von den eigentlich netten Marokkanern stimmte sich wieder besser J. Dann ging es weiter, 100 schmerzvolle km bis Fes. Die Hetzjagd und unsere auch so viel zu lange Strecke hatte jeden Muskel und jeden Knochen in uns bis zur Schmerzgrenze getrieben. In Fes fuhren wir direkt zum Hotel Wassim in der Rue du Liban, direkt am Boulevard Hassan II. Hier war ich schon vor zwei Jahren. Das Hotel hat sich seit dem letzten Mal nicht verändert. Man kann immer noch für 20 MDH pro Tag sein Bike in die Hoteltiefgarage stellen, das Frühstück ist immer noch ein Witz (Minicoissants, Butter, 2 Sorten Marmelade, Kaffee und Orangensaft - sonst nix. Keine Wurst, keine Oliven, kein Käse – der Laden hat immerhin vier Sterne!!!). Ein Restaurant gibt es bis heute nicht im Hotel. Aber zum Glück ist auch die Hoteldisko tot – also nix Lärm im Hotel. Das einzige, was immer wieder neu ist, ist der Preis (2001 hatte ich mir etwas preiswerteres gesucht). Wir bekamen ein Doppelzimmer inkl. Frühstück für 750 MDH (75 EUR). Letztes Mal waren es noch ca. 650 MDH. Dafür war dieses Mal das Zimmer wesentlich kleiner und im Bad gab es nix außer Handtüchern. Keine Seife, keine Haarwäsche, kein Fön... (immerhin vier Sterne!). Und der Zimmerfernseher schaffte nur drei marokkanische Programme. Ich wollte ja nicht Fernsehen – aber mal ein Blick bei der Deutschen Welle.... na ja, muss ja nicht sein.




      

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Anlegen in Tanger

Ruedi, Corina und Lea aus Basel

Der „Tankstellen Pfau“ von Tanger :-)

Mein Arbeitsplatz...

Die „Haschisch“ Strecke ab Tetouan sollte niemand nachfahren!!!!! Es ist einfach zu gefährlich (2002)